S3E2 Wie kommen die Dinge zu ihren Namen?
18.10.2022 13 min
Zusammenfassung & Show Notes
Woher wissen wir, wie Dinge heißen? Können wir die Namen der Dinge aus dem Wesen der Dinge herleiten? Eine uralte Frage, die wir schließlich im 20. Jahrhundert beantwortet haben. Oder etwa nicht? In der zweiten Folge der dritten Staffel beschäftigen wir uns mit der Frage: Wie kommen die Dinge zu ihren Namen? Oder anders: Warum ist ein Tisch ein Tisch?
Woher wissen wir, wie Dinge heißen? Können wir die Namen der Dinge aus dem Wesen der Dinge herleiten? Eine uralte Frage, die wir schließlich im 20. Jahrhundert beantwortet haben. Oder etwa nicht? In der zweiten Folge der dritten Staffel beschäftigen wir uns mit der Frage: Wie kommen die Dinge zu ihren Namen? Oder anders: Warum ist ein Tisch ein Tisch?
Die Dinge beim Namen nennen. Einfacher gesagt, als getan. Die Frage, die sich hier nämlich stellt, ist nicht nur: Kenne ich den Namen der Dinge? Sondern auch: Ist das auch der richtige Name für das Ding?
Die Dinge beim Namen nennen. Einfacher gesagt, als getan. Die Frage, die sich hier nämlich stellt, ist nicht nur: Kenne ich den Namen der Dinge? Sondern auch: Ist das auch der richtige Name für das Ding?
Warum ist ein Tisch ein Tisch? Verweist die Benennung Tisch auf das Wesen eines Tisches? Sagen wir Tisch zu einem Tisch, weil uns der Klag des Wortes, an die Form, die Beschaffenheit oder die Funktion eines Tischs erinnert? Mit dieser Frage beschäftigen sich Menschen bereits seit der Antike.
Im 4. Jahrhundert vor Christus verfasste der antike Philosoph Platon seinen berühmten Dialog “Karatylos”; und setzte damit den Grundstein für die europäische Sprachphilosophie. Nach typischer platonischer Manier ließ er in einer Art fiktivem Gespräch drei Personen auftreten: Seinen Lehrer Sokrates, den Philosophen Kratylos und dessen Freund Hermogenes.
Im 4. Jahrhundert vor Christus verfasste der antike Philosoph Platon seinen berühmten Dialog “Karatylos”; und setzte damit den Grundstein für die europäische Sprachphilosophie. Nach typischer platonischer Manier ließ er in einer Art fiktivem Gespräch drei Personen auftreten: Seinen Lehrer Sokrates, den Philosophen Kratylos und dessen Freund Hermogenes.
Den Männern geht es darum zu erörtern, welche Beziehung zwischen den Dingen in der Welt und ihren Namen bestand. Sowohl Kratylos als auch Hermogenes sind sich in einer Sache einig. Irgendwann einmal muss irgendwer oder irgendwas den Dingen einen Namen gegeben haben. Das reicht ihnen, um zu folgern, dass grundsätzlich alles auf der Welt seinen “richtigen” Namen trägt. Worauf sie sich jedoch nicht einigen können, ist, wie die Namen den Dingen zugeordnet sind.
Auf der einen Seite steht Kratylos und postuliert eine natürliche Beziehung zwischen den beiden (Physei-These). Auf der anderen Seite steht Hermogenes, der die entgegengesetzte Auffassung vertritt: Er geht davon aus, dass sich Dinge und Namen einander willkürlich zuordnen lassen (These-These).
Auf der einen Seite steht Kratylos und postuliert eine natürliche Beziehung zwischen den beiden (Physei-These). Auf der anderen Seite steht Hermogenes, der die entgegengesetzte Auffassung vertritt: Er geht davon aus, dass sich Dinge und Namen einander willkürlich zuordnen lassen (These-These).
Aus heutiger Sicht mutet der Dialog etwas veraltet an. Kein Wunder, schließlich ist er bereits über 2.000 Jahre alt.
In den Grundlagenwerken zur Linguistik steht heute Ferdinand de Saussure an der Tagesordnung. Der Schweizer Forscher zählt zu den Begründern der modernen Sprachwissenschaft. In seinen Vorlesungen an der Universität Genf hat er eine allgemeine Theorie der Sprache als Zeichensystem entwickelt. Für ihn besteht Sprache aus Zeichen mit zwei Seiten: Lautbild und Vorstellung.
Er bezieht im antiken Streit deutlich Position. Sprachliche Zeichen seien nicht mit den Dingen an sich verbunden, sondern nur mit unseren Vorstellungen davon. Die Form des Lautbildes sei dabei willkürlich. Für ihn ist die Zuordnung zwischen Lautbild und Vorstellung arbiträr. Dass wir heute [baʊ̯m] Baum sagen, wenn wir Baum meinen, liegt daran, dass wir uns als Sprachgemeinschaft auf diesen Namen geeinigt haben.
Auch wenn sich Saussures Zeichentheorie weitgehend durchgesetzt hat, gibt es in der Sprache Zeichen, die weit weniger abstrakt sind, als Saussure uns glauben lässt. In der Sprachwissenschaft wird diese Ähnlichkeit zwischen Form und Bedeutung eines sprachlichen Zeichens mit Ikonizität bezeichnet.
Sprache ist also nicht immer willkürlich. Egal ob wir sie sprechen, gebärden, schreiben oder zeichnen. Aber auch wenn wir von Zeit zu Zeit von der Form eines sprachlichen Zeichens auf dessen Bedeutung schließen können — auf das Wesen den Bedeutung, auf das Wesen der Dinge in der Welt kommen wir dadurch nicht.
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Auf der Website vom Lehrwerk gibt es alle Folgen von [vɪsn̩ʃaftʃpʁɑːχə] zum Nachhören und Nachlesen.
Die Musik im Intro dieser Staffel stammt von lemonmusicstudio.
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